Pater Peter Singer am Pansymphonikon

Abbildung in: P. Hartmann von An der Lan-Hochbrunn OFM, P. Peter Singer. Ein Gedenkblatt zum 100sten Geburtstage des Künstlers , Innsbruck 1910
Das Foto ist im Atelier vor der Imitation des Pansymphonikons aufgenommen und wurde vermutlich den Besuchern der Vorführung des Instruments angeboten.
In Karl Baedekers "Handbuch für Reisende, Coblenz 1860 wird auf Seite 56 wie folgt auf Pater Singer verwiesen: Ganz nahe das Franziskaner-Kloster, dessen Pater Peter ein musical. Instrument erfunden hat und spielt, welches die verschiedensten Instrumente mit Glück nachahmt, für bescheidene Männer zwischen 10 und 11 U. wohl zugänglich.

Ludwig Clarus (Simeon, Wanderung und Heimkehr eines christlichen Forschers, Schaffhausen 1863, S. 248) bemerkt dazu: Wenn auch der hochwürdige Pater Peter als eine Merkwürdigkeit Salzburgs in Bädeckers Reisehandbuche angeführt und dadurch jedem gaffenden Touristen zugänglich geworden, dem er mit unerschütterlicher Geduld auf seinem Instrumente etwas vorspielt und wenn auch dadurch das Pansymphonikon, obwohl es das einzige ist und seinen Standort noch nie verlassen hat, sehr bekannt wurde, so kann ich mich doch nicht enthalten, die Beschreibung, wie sie von einem Sachkundigen schon 1844 geliefert worden, hier folgen zu lassen, weil denn doch Viele, welche es nicht sahen, von diesem wunderbaren Instrument keine rechte Vorstellung haben (Erste Beschreibung des Pansymphonikons von Ferdinand Simon Gassner, in: Zeitschrift für Deutschlands Musikvereine, Bd. III (1844), S. 260 ff.)


Ein neuerfundenes musikalisches Instrument, in: Zeitschrift für Deutschlands Musikvereine (1844), Band 3, Heft 2, S. 260 ff.
(Nachdruck in: Bote für Tirol 1844, Nr. 97, S. 387 f.)

In Salzburg lebt ein Priester des Franciskaner-Ordens Namens Peter Singer, geboren zu Hesselgehr im Lechthale in Tirol, am 18ten Juli 1810 (über dessen Lebensverhältnisse Stafflers"s Statistik von Tirol Näheres mittheilt), ein ausgezeichnet wissenschaftlich gebildeter Mann, dessen ungewöhnliches Musiktalent seit längerer Zeit die Aufmerksamkeit jener Kunstverständigen auf sich gelenkt hat, welche den von der Welt zurückgezogenen, höchst verehrungswürdigen Mann und seine wahrhaft staunenswürdigen Leistungen kennen zu lernen Gelegenheit hatten. Als fruchtbarer, gründlicher und genialer Componist seines Standes wegen nur in kleinerem Kreise bekannt verdient er alle Beachtung; ebenso als Theoretiker und vorzüglicher Organist, wovon sich Referent mehreremale mit tiefergriffenem Gemüthe überzeugte. In der Stille seiner Zelle, welche zu besuchen mir öfters gestattet war, huldigt der liebenswürdige gemüthliche Mann der Tonkunst und erzeugt Werke, die hohe Genialität und reiche Phantasie beurkunden, was jeder Kundige zugestehen wird, der den verehrungswürdigen Pater Magister ( so wird er nach seiner Function genannt) phantasieren hört, und das wundervolle Gewebe seiner meisterhaften harmonischen Wendungen in ihrer grossen Mannigfaltigkeit verfolgt; wobei die solide Fertigkeit und das Moderne seiner Ideen und Spielart die meiste Bewunderung erregen.

Ein einfaches Pianoforte konnte diesem Geiste nicht genügen; ein anderes Instrument hatte er aber nicht in seiner bescheidenen Zelle. Langjährigem Nachsinnen ist es endlich gelungen, das weiter unten näher beschriebene Instrument zu erfinden, und welch Riesenwerk! ohne die dem gewöhnlichen Schreiner zu Gebot stehenden Werkzeuge und Utensilien, ohne Hülfe und Berathung, in seinen vier Wänden selbst zu verfertigen!

Ich hörte ehe es noch gänzlich vollendet gewesen das Instrument und war im höchsten Grade überrascht über die Verschiedenartigkeit der hier gebotenen Effektmittel; halte es darum für Pflicht, auf die jedenfalls höchst anziehende Erfindung aufmerksam zu machen, wenn ich auch die in sichtlicher Begeisterung abgefasste, mir eingesandte Beschreibung eines Freundes nicht gerade in allen Theilen unbedingt wörtlich adoptiren könnte.

Karlruhe im December 1843.

F. S. Gassner


Pansymphonicon,

ein möglichst vollständiges Tasten-Instrument, im Unfange von 6 Octaven mit 2 Claviaturen und 16 Registern oder wesentlichen Veränderungen, die zu unzähligen Combinationen verwendbar sind; wo bei jeder einzelnen Combination der Ton vom pianissimo bis zum fortissimo nach Belieben des Spielers gesteigert werden kann, eine Eigenschaft, die dem Instrumente, abgesehen von seinen übrigen Vollkommenheiten, einen eigenen Werth gibt.

In seiner ganzen Vollständigkeit tönen bei einer einzigen Taste 10 singende Stimmen und 9 Saitenklänge, welches dem Instrument einen Vollklang gibt, den ein grosses Orchester kaum zu bewirken im Stande ist, obwohl in intensiver Hinsicht das letztere mehr Lärm macht. Da dieses so volltönende Instrument nur von einem einzigen Spieler behandelt wird, so ergibt sich daraus eine absolute Präcision, die bei einem grossen Orchester, auch bei den besten Individuen, kaum möglich ist.

Der Toncharakter hat ganz etwas Originelles, und kann durch keine Analogie mit jenem anderen Instrumente demjenigen, der es nie hörte, genau geschildert werden. Um jedoch die Sache in Etwas zu erklären, mögen folgende Andeutungen dienen. Die Contratöne haben gleichsam die Quintessenz von dem Zusammenspiele des Violon, Bombardon und Contrafagottes und eines majestätischen Orgelpedals, - die höheren Basstöne den combinirten Ton eines Violoncelles, Fagotts, Bassethorns, die Mitteltöne (die angenehmsten) den Charakter von Horn, Clarinett, sanfter Violinen und sanfter Maschinentrompeten, - die hohen Töne eine Mischung von Flöte, Clarinetten und sanften Orgelregistern (Violin).

Durch die verschiedenen Register-Combinationen lässt sich darauf sowohl eine vollständige Harmonie von Blechinstrumenten, als auch eine mit Holzinstrumenten gemischte Feldmusik, so wie überhaupt ein ganzes Orchester möglichst getreu nachahmen. Dieses Instrument hat auch den Charakter einer 16füssigen Orgel. Manche Register-Combinationen geben auch eine Aehnlichkeit mit der menschlichen Stimme, wie es nicht leicht bei einem anderen Instrument der Fall ist. Nebst dem kann alles dieses wieder mit einem so vollständigen Saitenspiele von einem einzigen Spieler in gewisser Hinsicht in vermehrtem Grade geleistet werden, als von zweien, die vierhändige Stücke spielen, weil bei dem Anspiele einer einzigen Taste drei Octaven Saitenklänge zugleich tönen (die jedoch auch einfach gebraucht werden können, wie bei einem gewöhnlichen Pianoforte). Hier diene übrigens die Bemerkung, dass das Saitenspiel auch ganz allein für sich, ausser aller inneren Verbindung mit den singenden Stimmen, beliebig gebraucht werden kann.

Diese Saitenklänge, gepaart mit den singenden Tönen, geben eine Mischung, wovon man nicht leicht etwas Aehnliches hört; und da es ohnehin das erste Prinzip der Tonkunst ist, dass je grössere Mannigfaltigkeit zur Einheit der Harmonie erheben wird, desto grösser auch die resultirenden ästhetischen Effekte sind, so erscheinen hier die Extreme, nämlich die singenden und klingenden Stimmen geeinigt.

Uebrigens lassen sich auf diesem Instrumente die Galanterie-Stücke eben so wie die im gebundenen Style vortragen, gleichwie sanfte und zarte Melodien, so auch heftige und rauschende Tonstücke.

Aus Allem erhellet, dass es ein wahres Pansymphonikon ist.

W+++s.